Donnerstag, 20. März 2014

Neue Telefonmitschnitte vernichten das Image der AKP

Je näher die Kommunalwahlen rücken, desto nervöser und gereizter wird die Stimmung in der Türkei. Nicht nur, dass Vorfälle zunehmen, bei denen Wahlkämpfer verprügelt und verletzt werden, auch die Rhetorik des Ministerpräsidenten gibt zunehmend Anlass zur Sorge. Er spricht ständig von Verrätern, Terroristen, Mördern, als wolle er Ereignisse heraufbeschwören, die sich wirklich niemand wünschen kann.
Immer neue Tonbandmitschnitte tauchen im Internet auf, die neuesten betreffen den ehemaligen Europaminister Egemen Bağış, der Witze über den Koran gemacht haben soll (“Ich schüttele einen Vers jeden Freitag”) – was so gar nicht zur angeblich islamischen Grundausrichtung der AKP passen würde und schon erste indignierte Reaktionen in der AKP hervorgerufen hat. Und sie betreffen Erdoğan selbst, der den Chefredakteur einer regierungsnahen Zeitung mutmaßlich drängte, eine unliebsame Kolumnistin zu feuern – eine Kolumnistin, die ein Kopftuch trägt. Die Sorge um die Kopftuchfrauen war bisher immer Erdoğans stärkstes (und oft einziges) Argument auf seiner “religiösen” Agenda.
Zugleich werden von der AKP in Auftrag gegebene Umfragen bekannt, die die Partei bei nur noch 30 Prozent und auf dem zweiten Platz hinter der kemalistischen CHP sehen. Damit einher gehen Absetzbewegungen innerhalb der Regierungspartei, die noch nicht offen vollzogen werden, die Erdoğan aber offenbar bereits so bedrohlich findet, dass er seine Genossen öffentlich kritisiert. Es gehe nicht an, die Gülenisten mit Samthandschuhen anzufassen, schimpfte er – was viele AKP-Wahlkämpfer tun, um diesen Teil des konservativen Wählerspektrums nicht zu verprellen -, sie seien das “Neo-Ergenekon”, der Parallelstaat, der tödliche interne Feind.
Nun wachsen die Befürchtungen, dass es zu Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen kommen könnte. Die CHP hat deshalb angeblich Tausende ihrer Mitglieder und Anhänger als Wahlbeobachter geschult. Auch kommen Befürchtungen auf, dass ein inszeniertes Attentat, ein Einmarsch in Syrien (zum Schutz des Süleyman-Schah-Grabes bei Aleppo) oder irgendein anderer gefährlicher Überraschungscoup drohen könnten, um die angeschlagene Popularität des Premiers wieder zu stabilisieren. (Quelle: Berliner Zeitung)


Das Telefonat von Egemen Bagis:

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